Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung/ Missbrauchsaufsicht
Deutsches und europäisches Kartellrecht stützen sich im Wesentlichen auf drei Instrumente, mit denen Wettbewerbsbeschränkungen entgegengewirkt werden soll: Das sind das Kartellverbot, die Missbrauchskontrolle über marktbeherrschende und marktmächtige Unternehmen sowie die Zusammenschlusskontrolle.
Diese kartellrechtlichen Instrumente können naturgemäß nicht jeden Einzelfall, für den sie gelten sollen, vorweg ausdrücklich regeln. Sie enthalten daher unbestimmte Rechtsbegriffe, wie z. B. „marktbeherrschende Stellung“ oder „relevanter Markt“. Diese Unbestimmtheit bringt zwar zwangsläufig eine Unschärfe im Detail mit sich; durch die Auslegung der Kartellbehörden und Gerichte gewinnen die unbestimmten Rechtsbegriffe jedoch an Schärfe. Die Auslegung schließt dabei stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ein, in dem der Begriff konkret angewandt werden soll. Durch die unbestimmten Rechtsbegriffe ist es dem Kartellrecht möglich, einen konstanten ordnungspolitischen Rahmen zu setzen und zugleich dynamischen Entwicklungen und Innovationen im Einzelfall Rechnung zu tragen.
Die Bedeutung unbestimmter Rechtsbegriffe soll im Folgenden beispielhaft an § 19 Absatz 1 GWB – der zentralen Vorschrift der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht – erläutert werden.
In § 19 Absatz 1 GWB heißt es: „Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten“.
Aus unserem Wirtschaftssystem und unserer Rechtsordnung ergeben sich gegen marktbeherrschende Unternehmen als solche keine Einwendungen. Im Gegenteil: die Leitidee des Wettbewerbs und legitimes Ziel eines jeden Unternehmens ist es, erfolgreich zu sein, andere Wettbewerber zu überflügeln und in seinem Markt das bedeutendste, stärkste und mächtigste Unternehmen zu sein.
Unsere Rechtsordnung beobachtet jedoch, ob Unternehmen das Ziel, marktbeherrschend zu werden, mit legitimen Mitteln verfolgen („Kartellrecht“ und „unlauterer Wettbewerb“) und ob Unternehmen ihre marktbeherrschende Stellung fair und nicht diskriminierend gebrauchen („Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen“).
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